Georg MUFFAT
MISSA IN LABORE REQUIES
zu 24 Stimmen für zwei Vokal-, drei Instrumentalchöre & Basso continuo

 

Werkinformation:

"...nicht mehr als drei Messen, ein Offertorium und zwei Salve Regina hinterlassen, was er auf seinem Totenbett sehr bedauert hat..." so wurde über das kirchenmusikalische Schaffen Muffats in Passau von seinem Nachfolger Aufschnaiter berichtet. Die "MISSA IN LABORE REQUIES" tritt uns derzeit als einziges erhaltenes Kirchenmusikwerk Georg Muffats entgegen und sie überwältigt  uns mit ihrer klanglichen Wucht, ihrem tiefsinnigen musikalischen Ausdruck, ihrem Klangfarbenreichtum, ihrer rhythmischen Prägnanz, ihrer musikalischen Bildersprache, ihrer formalen Geschlossenheit und ihrem melodischen Einfallsreichtum. In ihrer mehrchörigen Anlage steht sie in der Tradition der Salzburger und Passauer Festmessen, deren spezielle Klangeffekte auch Komponisten aus dem "Land ob der Enns" (derzeitiges Oberösterreich) begeisterten.

Besonders Salzburg aber auch Passau waren für die Klöster Oberösterreichs Zentren der Ausbildung ihres Nachwuchses, kirchenmusikalische Weiterbildung inbegriffen. Die Salzburger Erzbischöfe (Johann Ernst und Max Gandolph) richteten sich bei der Neukonzipierung des Salzburger Stadtbildes ganz nach den barocken Formideen aus Italien. Vom Schlossgarten Mirabell über den Dom bis zur Festung Hohensalzburg erstreckt sich eine Spiegelungsachse, welche die ganze Stadt durchzieht. Auch das Innere des neuerbauten Barockdomes unterwirft sich der strengen Formkonzeption italienischer Architekten. Die kreuzförmige Anlage ermöglicht im Schnittpunkt der beiden Achsen ein quadratisches Feld, das durch vier tragende Säulen gebildet wird. Ähnlich wie in San Marco von Venedig wurden auf diesen Säulen Emporen angebracht, die ein mehrchöriges Musizieren ermöglichen. Es wurde also bei der architektonischen Konzipierung des Domes bereits auf spezielle musikalische Anforderungen Rücksicht genommen. Der materielle Reichtum der Erzbischöfe muss fast grenzenlos gewesen sein. Auch die Haltung einer für mehrchörige Aufführungen geeigneten Domkapelle erfordert große finanzielle Mittel. Besonders auffällig sind bei Muffats Messe die virtuosen Anforderungen an die beiden Zinkenspieler.

Nur selten finden sich in anderen Werken der europäischen Barockmusik vergleichbar schwierige Cornettopartien. Aber auch die Streicher fischen in hohen Lagen, was sonst zu Muffats Zeit eher Solospielern vorbehalten war. Der prächtige sechsstimmige Trompetenchor wird durch 2 Clarini, 3 Trombe und einen Paukisten gebildet. Beide Vokalchöre verlangen von den Sopranstimmen durchaus anspruchsvolle Gesangstechnik, was auf eine besonders aufwendig betriebene Nachwuchsförderung der Kapellknaben hinweist.  Hier wird ein Luxus zelebriert, der seinesgleichen sucht!

Ein Umstand sollte bei der verschwenderischen musikalischen Pracht nicht vergessen werden. All diese Bemühungen um ein universelles musikalisches Klangerlebnis kamen nur einer kleinen Elite zugute, nämlich dem Erzbischof und seinen Mitzelebranten, die sich im klanglichen Zentrum der im Raum verteilten Musikchöre befanden. Schon einige Meter weg vom Zentrum bemerkt man störende akustische Überschneidungen, mit wachsender Entfernung wird die Darbietung so diffus, daß nur schwer etwas Positives daran zu finden sein wird.
Zur damaligen Zeit war diese Ausrichtung der Kunst auf ein ideales Zentrum selbstverständlich, da die Musik für Gott erklang und der Bischof als sein Stellvertreter auf Erden angesehen wurde. Sollten wir diesen Umstand in Anbetracht einer historischen Aufführungspraxis auch bei einer Aufführung in der modernen Zeit Rechnung tragen?

Wer sollte aber dabei den Erzbischof abgeben? Die Frage ist für mich überflüssig und jeder wird sie ziemlich eindeutig beantworten.

Wie kann die musikalische Substanz dieser kolossalen Komposition möglichst allen Zuhörern im Raum vermittelt werden? Kompromisse sind dabei nötig und etwas Glück bei der Einschätzung der akustischen Verhältnisse eines großen Kirchenraumes im gefüllten Zustand. Die originale Aufstellung, wie sie im Passauer oder im Salzburger Dom praktiziert wurde, ist jedenfalls absolut untauglich.

Im Dom zu Gurk haben wir einen idealen Aufführungsort gefunden, der die akustischen Gegebenheiten von Salzburg widerspiegelt. Wir haben dort mit den Aufstellungsmöglichkeiten der fünf Chöre plus Continuogruppe viel experimentiert und sind letztendlich zu einem befriedigenden Ergebnis kommen: Die Solisten und insbesonders auch die Knabensolisten setzen sich gegen den Tuttiklang durch. Die beiden Vokalchöre sind gut links und rechts von der fiktiven Mittelachse auszumachen, ebenso der Streicher- und der Bläserchor. Die klanglichen Höhepunkte werden an den Stellen erreicht, in denen der Trompetenchor einsetzt. Als Sinnbild der Göttlichkeit erklingen die Trompeten aus der Mitte von einer erhöhten Position. Bei den großangelegten Fugen hört man die Rufe scheinbar aus allen Richtungen. Der Hörer taucht gleichsam in den unendlichen Raum des Engelsgesanges ein. In intimeren Passagen leuchtet die Schönheit verschiedener Klangfarben der Instrumentierung auf. Auch der Klang der Orgelregister lässt an einigen Stellen aufhorchen. Die abschliessenden homophonen Tuttipassagen lassen durch die majestätische Größe der Klangmasse im Raum aufhorchen und versinnbildlichen dadurch die Allmacht Gottes.
Gunar Letzbor

 

Ars Antiqua AustriaMusikbeispiel zum Anhören:

ARS ANTIQUA AUSTRIA
ENSEMBLE FOR NEW BAROQUE MUSIC
St. Florianer Sängerknaben
Gunar Letzbor, direction
©2014 Pan Classics PC 10301

 

Et in Spiritum Sanctum mp3: 4.55 Mb


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www.youtube.com: Eine Aufführung dieser Messe im Utrecht Festival Oude Muziek 2013 können Sie auf YOUTUBE ansehen.

 

Noten finden sich:

Partitur und Stimmen in moderner Ausgabe können leicht beim Strube Verlag GmbH, München erworben werden:
http://www.strube.de

Die originale Partitur, wahrscheinlich Autograph, war im Besitz Haydns und liegt heute in der ungarischen Nationalbibliothek in Budapest unter der Signatur IV Ms. Mus. 521. Die umfangreiche Besetzung lautet:
5 Chöre: S,A,T,B; S,A,T,B; 2 clarini, 3 trombe, timpani; 2 cornetti, 3 tromboni; 2 vl., 2 va., violone; Bc




 

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